Donnerstag, 14. November 2013

Alltagsproblemchen eines Junggruftis

Das Kind und seine Schulkameraden mal wieder...

Es ist schon interessant mitzuerleben, daß meine Tochter beinahe das Gleiche in der Schule erlebt wie ich damals. Ein außergewöhnliches Äußeres polarisiert einfach und wird als Kampfansage verstanden: "Ich bin nicht so wie ihr und will nichts mit euch zu tun haben!" Die Gefahr ist dabei ziemlich groß, zur Zielscheibe des allgemeinen Spotts zu werden und zum Lästerobjekt Nr. 1 der totally hippen Girlies, die in der Schule den Ton angeben, und deren farblosen Mitläufern. Es ist doch einfacher, über Dinge, die man nicht versteht oder verstehen will, oder Menschen, mit denen man sich nicht auseinandersetzen möchte, das Maul zu zerreißen. Davon kann sich eigentlich niemand freisprechen. Was das angeht, halten wir's am besten mit den Ärzten und lassen die Leute reden. Gleiches Recht für alle: wir ratschen ja auch über die Stinos :D

Ärgerlicher wird es nur, wenn Gerüchte in die Welt gesetzt und Lügen verbreitet werden, um jemanden in Misskredit zu bringen. Der ehemals beste Kumpel meiner Tochter z.B. hat sich von jetzt auf gleich und aus für sie unerfindlichen Gründen dazu entschlossen, nichts mehr mit ihr zu tun haben zu wollen und den hippen Typen nachzulaufen, die nichts in der Birne haben, aber dafür jede Menge teurer Markenklamotten besitzen. Es ist schon bemitleidenswert, wie sehr er um die Aufmerksamkeit seiner ach, so coolen Klassenkameraden heischt. Denn eigentlich ist er, um es mal im heutigen Jugendjargon auszudrücken, das totale Opfer. Es ist kein Wunder, daß er bislang mit meiner Tochter befreundet war, denn Außenseiter schließen sich häufig zusammen, um im Klassenverband wenigstens nicht ganz allein dazustehen. Jetzt redet er aber den Hohlköpfen nach dem Mund und versucht alles, um von ihnen anerkannt zu werden, indem er dem im Grunde harmlosen Geläster noch einen draufsetzt. Er erzählt u.a., daß ich ihn nicht ausstehen könne, weil er kein Goth sei. Ich weiß ja nicht,  ob er an grandioser Selbstüberschätzung leidet und sich zu wichtig nimmt, oder, was wahrscheinlicher ist, gar kein Selbstbewusstsein besitzt, um so einen Unsinn zu behaupten. Sich auf Kosten anderer aufspielen zu müssen, spricht eigentlich für Letzteres. 
Aber ganz ehrlich: was kümmert mich der Inhalt seines Kleiderschranks? Meinetwegen kann der Kerl im rosa Tutu und lila Glitzerschuhen zur Schule kommen! 

Damit, daß ich ihn nicht mag, liegt er jedoch gar nicht so falsch. Daß dieser bösartige Giftzwerg meine Tochter via Facebook und Skype neuerdings angeht und bedroht, nehme ich ihm wirklich übel. Und falls seine Eltern oder er mir mal über den Weg laufen sollten, dann gnade ihm Goth!
Meine Tochter hingegen nimmt die Geschichte anscheinend etwas gelassener als ich - ich bin halt 'ne Mama und das Wohlergehen meiner Kinder liegt mir am Herzen. Daher tangiert mich diese Geschichte wohl mehr als Töchti.
Sie hat einfach kurzen Prozeß gemacht und ihren Ex-Kumpel auf FB und Skype blockiert. Ihn auch in der Schule zu ignorieren, gestaltet sich ein wenig schwieriger. Er hat wohl bemerkt, daß die angesagten Typen nicht wirklich etwas mit ihm zu tun haben wollen, und dackelt nun wieder meiner Tochter und ihren Freundinnen hinterher, mischt sich in Mädchengespräche ein (das kommt natürlich suuuuuper an!) und schreibt meiner Tochter (die beiden sitzen am selben Tisch) Zettelchen. Sie antwortet jedoch auf nichts und behandelt ihn so, als sei er gar nicht vorhanden. Das macht ihn sauer und aggressiv. Und noch viel wütender macht ihn, daß sein Zorn an meiner Tochter abprallt...

Im Gegensatz dazu sind einige Klassenkameraden auf meine Tochter zu- und mit ihr ins Gespräch gekommen. Sie wollten wissen, was es mit ihrer schwarzen Kleidung auf sich hat und wie man ein Goth wird (hä?). Ein paar Mädchen haben sogar vor, mit ihr zum Bummeln in die Stadt zu fahren, sie würden ein paar Läden kennen, wo's tolle schwarze Klamotten gäbe.  Töchti hat versucht, ihnen zu erklären, daß es ihr nicht nur um's Styling gehe, aber nun ja, diese Halbwüchsigen sind nun einmal in einem Alter, in dem viel Wert auf Äußerlichkeiten gelegt wird, welche Kleidung jemand trägt und welches Label. Immerhin dämmert es einigen doch wohl, daß es im Leben nicht nur darauf ankommt.

Ein wenig perplex war ich jedoch ob der Frage, wie man ein Goth wird. Die Frage nach den Gründen, dem Warum hätte ich logischer und interessanter gefunden. Aber das interessiert nicht. Hat man damals unseren offen zur Schau getragenen Nonkonformismus als eine Art Geisteskrankheit angesehen, die von in der Pubertät überschießenden Hormonen ausgelöst wurde (hey, wir Altgruftis können dann wohl bald mit der Ausrede Hormonstörung aufgrund der Wechseljahre kommen!), sieht man heute darin wohl eher eine Art Geschmacksverirrung und Modesünde. Befürchteten unsere Eltern, wir wären in die Fänge einer satanistischen Vereinigung geraten und würden als Menschenopfer auf den Altären irgendeiner Teufelssekte landen, entsetzt es die Erzeuger von Töchtis Schulkameraden eher, daß man keine Klamotten von Hollister, Esprit & Co trägt und sich die Haare nicht blondiert. It's all about style! 

4 Kommentare:

  1. Ich hab wirklich großen Respekt vor deiner Tochter, dass sie mit ihrem Ex-Kumpel so umgeht. Das zeigt für mich wahre Größe.

    Die Frage, wie man Goth wird, ist irgendwie...
    Ich finde, da merkt man immer, dass Menschen, die solche Fragen stellen, überhaupt nicht verstehen, worum es geht.
    Aber in diesem Falle: Pubertät halt...^^

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    1. Ja, das sage ich mir auch immer.
      Sind eben doch noch Kinder, darf man nicht vergessen!

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  2. Der letzte Absatz ist genial. Bei meinen Anfängen vor etwa 6-7 Jahren wurde man noch gefragt ob man Kinder opfert...

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    1. Ja, aber nur, wenn die schwarzen Hühner ausgegangen sind!

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