Mittwoch, 30. Juli 2014

Amphi 2014 - Tag 1

Am 26. und 27. Juli fand im Kölner Tanzbrunnen das zehnte Amphifestival statt und damit meine erste schwarze Veranstaltung seit Jahrzehnten.
Und es war geil, saugeil sogar!


Der erste Amphitag - mein Geburtstag - begann in aller Herrgothsfrühe, um ausreichend Zeit zu haben, die Haare mit dem Kreppeisen zu malträtieren, sich weiße Schminke ins Gesicht zu klatschen und die Pikes zuzuschnallen. 
Aufgrund meiner Erfahrungen mit anderen Massenevents wollte ich früh los, um vor Einlaßbeginn beim Tanzbrunnen zu sein. Also fuhren wir Punkt 9 Uhr los, um eine gute halbe Stunde später vor dem Haupteingang einzutrudeln, wo der weltbeste Gatte Töchti und mich absetzte.
Dort tummelten sich jedoch nur eine Handvoll schwarzer Gestalten und eine andere Handvoll kreischbunter Typen mit Plastikmüll auf dem Kopf und neonfarbenen Tribbles an den Waden. Der erste Kulturschock für ein 80er Jahre Relikt bzw. alten Gothsack - wie ich in der Lesung von Ecki Stieg am Amphisonntag erfahren habe, bin ich ein Mischtyp - wie mich. Und die Klingonin schüttelt sich sowieso beim Anblick der farbenfrohen Tribbles...
Na ja, jeder Jeck ist anners und mer sinn ja in Kölle und da ist eh immer chronisch Fastelovend.

Wir waren also früh genug da, um kurz nach 10 Uhr, als mit klitzekleiner Verspätung geöffnet wurde, unsere Festivalbändchen zu erhalten und waren unter den Ersten auf dem Gelände.


Es war halt noch nichts los, das erste Konzert sollte um 12 Uhr auf der Mainstage stattfinden: The Juggernauts. Da die uns nicht wirklich interessierten, schlenderten wir über die Händlermeile, sahen uns die verschiedenen Stände an und sichteten das Angebot. Der erste Eindruck: joa, halt das übliche Zeugs, das es im Internet oder den schwarzen Läden überall zu kaufen gibt. Es waren jedoch auch etliche Händler da, die eigene Kollektionen her- und ausstellten, Handgemachtes und Unikate und da waren einige schöne Sachen dabei.


Und dann sah ich sie. Drei verschiedene Modelle. Nach unzähligen Paaren dicker Plastikklotschen. Pikes. PIKES!!! Ich befingerte sie ungläubig, einen Schuh nach dem anderen, drehte und wendete sie und prüfte das Leder und die Sohlen. Das eine Modell fiel bei mir gleich unten durch, obwohl es hübsch aussah, aber das anscheinend irgendwie beschichtete Leder - obwohl es echtes Leder sein sollte - fühlte sich merkwürdig an, als hätte man ein Kondom darauf geschweißt. Das andere Modell - ein Neunschnaller - gefiel mir schon besser, aber die Schnallen waren zu klein und daher zu weit auseinander. Beide kamen von Nevermind. Das dritte Modell - Veloursleder, hahaaaaaa! - besaß drei große Schnallen, Strippen mit Klettverschluß und sollte 129 Euronen kosten. Hersteller: Bed & Breakfast, äh, sorry, ich meinte Boots & Braces natürlich.
Ende der 80er besaß ich ähnliche Boots, die ich damals für 35 DM bei Reno erstanden hatte, und mein nostalgisches Alter-Gothsackherz begann schneller zu schlagen. Ich quatschte kurz mit einem der sehr netten Verkäufer, beschloß, noch ein wenig zu überlegen und erst einmal eine Runde um den Block zu drehen. Es dauerte keine fünf Minuten, bis ich feststellte, daß ich total doof sei. Da gab es Pikes - PIIIIIIIKES! -  in meiner Größe und in Veloursleder und ich überlegte, ob ich sie mir kaufen sollte. War ich noch ganz gar? Was gab es da zu überlegen? Ich stürmte wild entschlossen zurück, probierte die 42er an und sie passten wie angegossen. Fünf Minuten später waren sie mein!
Hatte ich Tage zuvor nicht noch getönt, daß ich keine Boots von B&B haben wolle, weil sie nicht spitz genug seien? Sch... drauf! Es lebe die Inkonsequenz! :D
Die neuen Schätzchen stelle ich noch mal gesondert vor, sonst wird dieser ohnehin schon zu lange Post noch länger!



Es wurde allmählich voller und wir machten uns auf den Weg zur Mainstage, wo bald mein persönliches Amphi-Highlight She past away auftreten sollte. Wir bekamen noch die letzten Takte von The Juggernauts mit und dann dauerte es auch nicht mehr lange und Volkan und Idris betraten die Bühne. Und zu meiner großen Freude spielten sie auch ihren bekanntesten Song mit dem für ein Geburtstagsständchen passenden Namen Kasvetli Kutlama (wobei kasvetli düster, öde bedeutet und kutlama Feier, Glückwunsch). Musik wie früher, so richtig, um sich davon durchfluten zu lassen, haaaaach!



Mehr meiner Fotos von den beiden Jungs gibt es HIER!

Leider verließen She past away schon nach gefühlten vier Minuten die Bühne - tatsächlich waren 40 Minuten Spielzeit für die zwei vorgesehen gewesen. Viel zu kurz. Vier Stunden wären so gerade ausreichend gewesen :D

Danach folgte gleich mein zweites Highlight: Clan of Xymox und auch die waren toll - fand ich zumindest.



Und weil es so schön und so geplant war, sahen wir uns gleich im Anschluß daran Lord of the Lost an - Töchtis Amphihelden! Die wurden vom Moderator als "die schönsten Sixpacks von St. Pauli" angekündigt - höhöhö! Ach, was soll ich viele Worte verlieren, guckt euch die Fotos an (die Links führen zu meinen entsprechenden FB-Alben)!



Die Jungs sind jedenfalls sehr lieb und nett, waren am Samstag sehr fleißig (Konzert und anschließend drei Autogrammsessions) und beim Meet&Greet um 20 Uhr am Stand von Queen of Darkness kam das Töchti in den Genuß eines gemeinsamen Fotos mit ihren Helden und eines kurzen, humorvollen Gesprächs mit Chris Harms. Er ist wirklich wahnsinnig toll mit seinen Fans!

Abgesehen davon kamen auch die sozialen Kontakte nicht zu kurz: man lernte seine Internetbekanntschaften endlich persönlich kennen und stellte fest, daß man sich auch im richtigen Leben mag. Überhaupt waren alle Leute, mit denen man ins Gespräch kam, super drauf, freundlich und lustig...

Der erste Tag war leider viel zu schnell vorbei. Gesundheitliche Probleme meinerseits verhinderten, daß wir noch an einer Aftershowparty teilnehmen konnten. Naja, was vergesse ich blöde Kuh auch meine Rheumapillen! Am Sonntag war ich schlauer und stopfte sie in meine Tasche...

Fortsetzung folgt....



Dienstag, 29. Juli 2014

Schwarzes Gesplitter

Ja, ich lebe noch!
Auch wenn ich mich in der letzten Zeit gar nicht gerüppelt habe...
Aber dafür habe ich ein paar Ausreden parat.

Zunächst war da einmal wieder ein recht erschreckendes Gespräch mit der Direktorin und der Klassenlehrerin unseres Sohn bezüglich seiner Kleidung. Er trägt gerne schwarze Yakuza-Shirts mit mehr oder weniger martialischen Motiven und kernigen Sprüchen (jedoch keine Symbole oder Parolen rechter oder gar verbotener Organisationen o.ä.! Das käme uns eh nicht ins Haus!). Die sind wohl einer Mitschülerin ein Dorn im Auge gewesen und so hat sie sich bei der Klassenlehrerin beschwert, sie könne sich nicht konzentrieren, wenn sie andauernd auf Sohnemanns T-Shirt gucken müsse. Aaaaah ja....
Ich denke ja, das Mädel sollte besser auf die Tafel schauen und den weisen Worten ihrer Lehrer lauschen anstatt das Styling ihrer Klassenkameraden unter die Lupe zu nehmen. Aber aus irgendeinem Grund, den ich nicht wirklich nachvollziehen kann, pflichtet die Lehrerin der selbsternannten Modepolizistin bei. 

Einem kurzen Schriftverkehr mit den eigensinnigen Eltern unseres Sohnes folgte die Einladung zu einem persönlichen Gespräch...mal wieder!
Fazit: Yakuza-Shirts sind in der Schule verboten, weil...
1. ...sie den Unterricht stören. Sie reden zwar nicht dazwischen, die Shirts, werfen auch nicht mit Papierkügelchen und ziehen die Mädchen an den blondierten, geglätteisten Haaren, aber sie stören - ganz plötzlich. Denn mein Sohn läuft damit schon seit zwei Jahren herum und auf einmal fallen die Yakuzas auf. Wenn ich nur wüsste, wieso...
2. ...sich die Klassenlehrerin durch die Shirts beleidigt sieht. Warum auch immer sie sich von den Yakuzas angesprochen fühlt... Es steht weder ihr Name drauf - Frau D., fuck off! z.B. - noch hat es ihr Konterfei bislang auf eines der Shirts geschafft. Wenn, würden wir es ohnehin nicht kaufen ;)
3. ...sich die Direktorin verpflichtet fühlt, auf das Styling ihrer Schüler zu achten und sie in Selbstvorwürfen zerfließen würde, wenn das Kind später keinen Ausbildungsplatz erhielte oder im Berufsleben, falls es denn überhaupt einen ordentlichen Beruf erlernt, Probleme hat, nur weil sie, also die Schulleiterin, nicht eingegriffen hätte. Die Klassenlehrerin brüstete sich auch ganz stolz damit, wie tolerant sie wäre und den Mädchen rosa- und pinkfarbene Kleidung erlauben würde, obwohl sie diese Farben nicht ausstehen könne. Aber sie hätte auch schon Schüler während der Unterrichtszeit nach Hause zum Umziehen geschickt, weil ihr die Kleidung nicht passte. Darf sie zwar nicht, aber das Schulgesetz von NRW hat an der Schule eh keinen Bestand. Die machen da, was sie wollen...

Ein bißchen animal farm ist auch dabei: manche sind eben gleicher als andere. Wenn es verbindliche Kleidervorschriften oder gar eine Schuluniform gäbe, dann... aber es wird nach Gutdünken und persönlichem Gusto entschieden, wer welche Kleidung tragen darf. Und wessen Styling aus dem Raster der Direktorin bzw. Klassenlehrerin fällt, endet als Hartz-4ler oder gleich unter der Brücke, so der Tenor der Unterredung.
Demnach war ich am Wochenende (Amphi in Köln) auf einem der größten Arbeitslosentreffen überhaupt. Lauter Gesindel ohne Ausbildung und Job - etliche in schwarzen Yakuzashirts - trieb sich da herum, also neeee... 
Die Kohle für den Eintritt war wahrscheinlich auf der Straße zusammengeschnorrt. Haste mal 'ne Mark, äh 'nen Euro, ey?

Ein Gespenst geht um in der Schule - das Gespenst des Nonkonformismus...
Und das muß ausgetrieben werden - um jeden Preis! Da wird auf das Grundgesetz und die darin verankerten Grundrechte - besonders auf Artikel 2 - geschissen und sich unter dem Deckmäntelchen der elterlichen Sorge und als Erziehungsberechtigte in die persönlichen Belange der Schüler eingemischt. Die tatsächlichen Eltern des betreffenden Kindes werden entrechtet, die Freiheit der Erziehung mißachtet.

Das Gespräch endete im Grunde ergebnislos. 
Nun ja, nicht ganz, immerhin dienen die engstirnige Direktorin und die nicht minder voreingenommene Klassenlehrerin wunderbar als schlechte Beispiele für uns, um unseren Kindern klarzumachen, wie man Menschen eben NICHT behandelt. Man verurteilt und diskriminiert niemanden aufgrund seiner Kleidung (es gibt Ausnahmen, aber dazu in einem anderen Post), seiner Hautfarbe, seiner Religion etc.
Daß meine Kinder - das Töchti wurde kurz darauf auf ein Bandshirt angesprochen, das wiederum ihrer Klassenlehrerin nicht passte - so etwas nun am eigenen Leib erfahren, hilft ihnen hoffentlich dabei, die Vorurteile, die sie selbst dem ein oder anderen Typen gegenüber hegen, schneller zu überwinden und offener auf diese Leute zuzugehen.

Da ich vor 25 Jahren Abi gemacht habe, fand ein Vierteljahrhundertabitreffen statt. Immerhin zwei Drittel unserer Stufe war da. Es war genau so wie früher: die Schönen und Reichen saßen zusammen an einem Tisch und zeigten sich auf ihren Handys Fotos von ihren Häusern, Autos, Kindern, den Geranien auf dem Balkon vom 5-Sterne-Hotel in St. Moritz oder den Palmen auf den Seychellen und die Outlaws hockten an dem anderen und unterhielten sich. Ich saß nicht bei den Schönen und Reichen und deshalb hatte ich Spaß!

Ein Großteil meiner Zeit wurde von den Vorbereitungen für ein Seminar verschlungen, das ich an der Uni Leipzig gegeben habe. Leider habe ich es mal wieder nicht zum WGT geschafft. Dafür war ich vorher in Leipzig und da die schwarzen Läden ihre Bestände für das WGT bereits aufgestockt hatten, machte es richtig Spaß, dort herumzustöbern.

Und zum Zahnarzt mußte ich auch noch, schrecklich! Da leg' ich mich lieber unter 'ne Guillotine!

Endlich habe ich es geschafft, Fotos auf dem wunderschönen Alten Friedhof von Bonn zu machen. Plane ich schon seit Teenietagen, als wir noch des Nachts über den Zaun geklettert sind, weil der Friedhof bereits geschlossen war. Ein Post zum Alten Friedhof ist in Planung.

Und letztes WE besuchten Töchti und ich das Amphi.
Ein ausführlicher Bericht mit vielen Bildern folgt bald, wirklich BALD, versprochen!