Freitag, 28. Februar 2014

Ist ja nur 'ne Phase...

Neulich im Fratzenbuch...

Das Töchti hatte Ende letzten Jahres einen Nähkurs besucht und gleich im Anschluß sein dreiwöchiges Berufspraktikum bei derselben Schneidermeisterin absolviert. Dabei sind zwei wirklich wunderbare Kleidungsstücke herausgekommen, die das Töchti mit Stolz trägt: einen Fishtailrock und ein Raglanshirt mit Kapuze. Sieht beides richtig toll aus!
Ich bewundere ja Leute, die sich ihre Klamotten selbst herstellen, ohnehin. Ich habe nämlich zwei linke Hände und zu wenig Geduld für solche Friemeleien. Außerdem halte ich Nähmaschinen für Dämonen und so eine Art vampiroide Roboter, die mir mit Vorliebe in die Hand beißen wollen. Da dresche ich lieber Nieten mit ordentlichem Kawumms! in meine Kleider (die mir jemand anderes näht).
Wie dem auch sei, das Töchti präsentierte dieses Foto von sich im neuen Rock auf Facebook.




Es entspann sich daraufhin in den folgenden Tagen eine lustige Konversation zwischen einem Bekannten meines Gatten und mir. Dazu muß man wissen, daß der gute Mann nicht unbedingt um die Ecke wohnt und uns, sprich den Rest der Familie, max. dreimal zu Gesicht bekommen hat, uns also eigentlich gar nicht kennt.

Es ging also los mit "hihi:-)...die Gothic Phase! Hatte unsere auch, ging aber vorbei!". Meine Reaktion: "Ääääh...daß das nur eine Phase ist und vorbei geht, kann ein Irrtum sein ;)" Er wieder: "Wartet's ab...das gibt sich!" Ich: "Ja, darauf warten meine Eltern noch immer *LOL*" Den Wink mit dem Zaunpfahl hat er nicht verstanden...
Ich mein', irgendwo fand ich es ja auch ziemlich niedlich von ihm, mich trösten und mir vermitteln zu wollen, daß diese pubertären Anwandlungen ganz normal sind und man als Eltern einfach darüber stehen muß, wenn die Kinder eben in die Gothic-Phase kommen. Wir hätten das ja alle in unserer Jugend durchgemacht, also solche Phasen. 
Er gestand mir dann, daß er in den 80er Jahren ja mal Popper war. Ih, pfui! Das waren die mit den pastellfarbenen Lakotzhemden und den Brechlingtonsocken!
Aber das habe ich ihm großmütig verziehen, das war ja nur 'ne Phase :D

Aber irgendwie kamen wir an einen Punkt, an dem mir diese ganzen Phasenfaseleien zuviel wurden und ich ihn dezent *hüstel* darauf hinwies, daß die Schwarze-Klamotten-Phase bei mir nie ein Ende gefunden hatte. Nein, ich habe ihm meine Pikes nicht um die Ohren gehauen, falls das jemand vermuten sollte, höchstens virtuell! Er war dann ein wenig fassungslos und mein gruftiges coming out brachte ihn vollkommen aus dem Konzept, als er merkte, daß er bei mir eigentlich offene Türen einrannte. Wie gesagt, er war höchstens dreimal oder so bei uns zu Besuch und daheim laufe ich nicht aufgebrezelt herum wie Siouxsie bei einem ihrer Auftritte. 
Seine Bestürzung äußerte sich dann in einer Bemerkung, die mich wiederum bis ins Mark erschütterte. Als er neulich bei uns gewesen wäre, hätte ich so normal ausgesehen, hat er gesagt. Das konnte ich natürlich nicht auf mir sitzen lassen!
Normal? ICH? Wahrscheinlich sah ich in diesem Moment aus wie ein Fisch auf dem Trocknen, der heftig nach Luft schnappt.
Aber mal im Ernst: was stellen sich die Stinos denn vor? 
Natürlich laufe ich zuhause, in meinen eigenen vier Wänden, in bequemen und zweckmäßigen Alltagsklamotten herum. Und wenn ich ein Gespräch mit meinem Doktorvater habe oder in die Uni muß, kleide ich mich auch nicht so, als würde ich auf's WGT wollen. 
Die Kleidungsstücke, die ich trage, sind fast ausschließlich schwarz. Manchmal habe ich eine bunte Phase (haha, eine Phase, ne?!) und ziehe auch mal etwas Violettes oder Burgunderfarbenes an. Diese Anwandlungen gehen jedoch schnell wieder vorbei. Mein Kleiderschrank ist eigentlich ein schwarzes Loch.

Und meine Haare sind schwarz (gefärbt). Aber nicht immer gekreppt und mit 1000 Litern Haarlack toupiert. Falls das jemand von mir erwartet, muß ich ihn enttäuschen. Das habe ich früher mal gemacht, als ich noch den Robert-Smith-Siouxsie-Frisurenstyle pflegte. Heute sind meine Haare dazu zu lang und ich mag sie mir nicht mit dem Kreppeisen verbrutzeln. Aber ich habe immer noch eins (das auch hin und wieder benutzt wird) und ohne Haarlack kann ich nicht leben. Außerdem dauerte es Stunden, die Haare so hinzukriegen. Das ist mir einfach zuviel Aufwand für den Alltag.
Aber ich sehe nicht normal aus, MENNO! *mitdenbepikestenfüßenaufstampft*
Oder doch?

Mittwoch, 26. Februar 2014

Keine Pikes mehr?

Schlechte Nachrichten aus Berlin: Headrazor100 verkauft keine Pikes mehr, da der Hersteller, der in England sitzt, im Januar pleite gegangen ist. :-(
Das teilte man mir gestern per Email mit.
Dabei war ich so scharf auf die 9-Schnallen-Pikes...

Bei Spontis läuft gerade ein Projekt der Frau B aus G, die wohl einen Schuhmacher an Land gezogen hat, der willens ist, einer Horde konservativer Gruftis das passende Schuhwerk herzustellen. Schauen wir mal, was daraus wird.
So weit war ich nämlich auch schon mal, bis der Schuhmacher mir doch eine Absage erteilt hat. Hoffen wir, daß Frau B aus G mehr Glück hat :)

Montag, 17. Februar 2014

Freiräume für Sub_Kultur

Am Samstag, dem 15.02., traf ein Haufen buntgemischtes Volk auf dem Bonner Kaiserplatz zusammen, um für mehr Freiräume für Sub_Kultur und gegen die Verödung der Bonner Kulturlandschaft auf die Straßen zu gehen. Die Teilnehmer waren zwar hauptsächlich jugendlichen Alters, aber im Grunde waren alle Bevölkerungsschichten vertreten: vom Säugling bis zum Rentner, vom Stino bis zum Grufti und zum Punk. Jaaaa, es gibt tatsächlich noch Punks in Bonn, ich war ganz geplättet!


Hintergrund dieser Demo: eine Handvoll Kleingeister, die sich von div. Open-air-Festivals, public viewing und anderen (sub-)kulturellen Ereignissen, die in und um Bonn herum stattfinden, gestört fühlen, haben davor gesorgt, daß diese Events zunächst nur noch unter strengsten Auflagen bzw. gar nicht mehr stattfinden konnten. So starb die R(h)einkultur nach fast 30 Jahren aufgrund "mangelnder Unterstützung der Stadt Bonn" *hüstel* U.a. liegt die "mangelnde Unterstützung" wohl auch in dem nicht wirklich klaren Standpunkt der Rathaus-Bon(n)zen begründet, die zwar die Menschenmassen, die die R(h)einkultur anzog, begrüßten, aber dennoch den Klagen einiger Anwohner (das ging mehrfach durch die Lokalpresse) Gehör schenkten.
Ganz aktuell ist der Streit um die Klangwelle auf dem Münsterplatz, den zwei (!!!) Querulanten angezettelt haben, denen es bei ihrem Umzug in die Bonner Innenstadt wohl nicht klar war, daß mitten in der City wohl ein wenig mehr Trubel herrschen kann als in 'ner Dorfrandlage. Wir sind gespannt, wie lange sie noch den Weihnachtsmarkt dulden werden...



Es ist mir unbegreiflich, daß die Bonner Bürokraten den Forderungen einiger Weniger, die ihr Ruhebedürfnis höher schätzen als die Bewahrung des kulturellen Lebens in Bonn, stattgeben. Damit sägen die Verantwortlichen eigentlich selbst den Ast ab, auf dem sie sitzen, denn seien wir mal ehrlich: Bonn war immer schon ein langweiliges Provinznest, das, seitdem Berlin wieder Hauptstadt des deutschen Reiches, ähm, pardon, von Großdeutschland, neee, das war's auch nicht... unserer Bananenrepublik wurde, langsam, aber sicher in seinen Dornröschenschlaf zurück sinkt. Festivals wie die R(h)einkultur in den Rheinauen, der Kunstrasen, Konzerte auf dem Marktplatz, die Klangwelle oder der Künstler- und Handwerkermarkt auf dem Münsterplatz, Rhein in Flammen, das Beethovenfest, der große Rheinauenflohmarkt, die Oper (die auch mit einer Menge Schwierigkeiten zu kämpfen hat, um es mal verharmlosend auszudrücken) etc. etc. - es gab/gibt unendlich viele und vielfältige Veranstaltungen in und um Bonn - locken Besucher an, die wiederum jede Menge Kohle in die ewig klammen Stadtkassen spülen. Für jeden war/ist etwas dabei und dementsprechend sprachen/sprechen diese unterschiedlichen Events auch zahlreiche Menschen an. Und wenn viele Menschen zusammenkommen, gibt es nun einmal Lärm. Musik z.B. Ganz, ganz gräßlich! Wahrscheinlich ist Beethoven deshalb ertaubt. Freude schöner Götterfunken, aber bitte nicht in Bonn...



Da guckt der liebe Ludwig van ganz stoisch auf die Menschenmenge auf dem Münsterplatz herab und wundert sich wahrscheinlich darüber, wie weit es mit seiner Heimatstadt gekommen ist, daß die Leute für ihr Recht, Musik hören und sich daran zu erfreuen, demonstrieren müssen.


Paradox ist es gar, daß die Stadt Bonn auf ihrer Homepage so für sich wirbt: "Bonn gilt jeher als Kulturstadt. Aus dieser Tradition hat sich in allen kulturellen Sparten ein vielfältiges, lebendiges und erfolgreiches Kulturleben entwickelt.", aber alles dafür tut, den Veranstaltern Steine in den Weg zu legen oder dringend benötigte Zuschüsse und Gelder zu streichen und in andere Kanäle zu leiten. Das Bonner Kulturleben liegt im Sterben, aber das scheint bei den Bon(n)zen im Rathaus noch nicht angekommen zu sein...



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