Freitag, 1. August 2014

Amphi 2014 - Tag 2

Den Sonntagmorgen gingen wir geruhsamer an.
Unsere Lieblingsbands hatten samstags gespielt, heute wollten wir uns ins Theater setzen und Lesungen und Vorträgen lauschen, noch ein paar Bekannte treffen, etwas shoppen gehen und...mal sehen...

Wir gelangten rasch und ohne Probleme auf das Festivalgelände. Die Taschenkontrolle am Eingang verlief zügig und so früh am Morgen war die Security noch nicht überarbeitet und gut gelaunt. Auch unsere Flasche Haarlack und der Toupierkamm dürften wieder passieren. Ich mein', welcher anständige Grufti verläßt schon ohne Haarlack das Haus? ;)
Kaum auf dem Festivalgelände wurde die 0,5 l-Colaflasche, die wir am Tag zuvor für unglaubliche 5 Euro (inkl. 50 Cent Pfand) erstanden hatten, an einem der Trinkwasserbrunnen aufgefüllt. Glücklicherweise hatte der Veranstalter drei Wasserzapfanlagen zur Verfügung gestellt (worauf der Moderator immer wieder hinwies und die Leute aufforderte, ausreichend zu trinken), sonst wäre wahrscheinlich mindestens die Hälfte der Besucher mit Kreislaufkollaps wg. Flüssigkeitsmangels zusammengebrochen. Denn die Preise der GAstronomie waren so astronomisch hoch - steckt ja schon im Begriff selbst -, daß wohl manch einer eher verdurstet wäre, als genügend Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Und bei den sommerlichen Temperaturen geht das schnell...


Schade, daß sich da der Inhaber des Tanzbrunnens, der sich wohl für die Gastronomie verantwortlich zeichnet, so querstellt und die Preise so hoch ansetzt. Denn nicht nur wir hätten mehr verzehrt, wären Getränke und Speisen günstiger gewesen. Die Pizza Margherita von der Größe einer kleinen Frisbeescheibe für 5,50 Euro und die schmeckte wie eine labberige Qualle, machte immerhin satt. Ein kulinarisches Highlight war sie nicht. Das darf man bei einem solchen Massenevent auch nicht erwarten
Aber der Tanzbrunnen liegt ja glücklicherweise nur ca. 10 Minuten Fußweg von einer Mäckesfiliale im Deutzer Bahnhof entfernt...

Wie dem auch sei, wir standen kurz vor 12 Uhr mit wohlgefüllter Wasserflasche vor dem Theater, in das wir wenig später eingelassen wurden.
Als erstes hörten wir eine Lesung von Ecki Stieg, der aus verschiedenen seiner Essays vortrug. Besonders sympathisch fand ich, daß er sich selbst über seine Schriebse kaputtlachte und kichernd gestand, er habe das Zeug selbst seit ewigen Zeiten nicht mehr gelesen, aber stünde immer noch dahinter.
Aus "I am the DJ" (unter diesem Link ist der entsprechende Aufsatz zu finden) gab es mehrere Auszüge. Als er die verschiedenen Typen charakterisierte, die in einem Szeneclub abhängen, kam er auch zum "80er Jahre Relikt": "Ist entweder in dieser Phase groß geworden oder geschmacklich darin hängen geblieben. (...) Ist noch nostalgischer und lamentierender als der alte Goth-Sack und versucht im Gegensatz zu diesem, dem optischen Stil der 80er zu entsprechen." 
Und das Töchti kreischte entzückt los: "Mama, der redet von dir!"
Ich versank in meinem Stuhl. Um mich herum kicherte es und mitfühlende Blicke Gleichaltriger trafen mich. Ich war nicht allein. Puuuuuh *erleichtertdurchatmet*

Irgendwann war dann auch der "alte Goth-Sack" an der Reihe, dem ich - auch musikalisch - viel näher stehe als dem "80er Jahre Relikt": "...ist Neuem gegenüber aufgeschlossen, freut sich aber dennoch, wenn sein Lieblingsstück kommt, das gemeinhin von The Cure, Bauhaus oder Joy Division stammt." Zum tanzen bin ich allerdings nicht zu träge und zu fett, das will ich nur mal klarstellen! 
Es war unheimlich, wie genau Ecki Stieg benennen konnte, welche Musik ich daheim so dudele. Und er wußte sogar, daß ich Ramones höre...

Danach folgte die Lesung von Markus Heitz. Nun gut, wirklich neugierig gemacht hat mich ehrlich gesagt keiner der "Kinotrailer" (so betitelte der Autor selbst die Exzerpte aus seinen Werken), die er da zum Besten gab. Aber vielleicht gucke ich mal in seine Bücher, sofern mir mal eins über den Weg läuft (wahrscheinlich findet man die im Bonner Comicladen). Der Vortrag war jedoch ein recht vergnüglicher und kurzweiliger, aber dann kam der Knaller des Tages: der Tod!

Den Tod muß man live (üb-)erleben. Zwar findet man auch Videos und Sketche im Internet, aber live ist er der Brüller schlechthin. Ich verweise hier auf seine Homepage endlich-tod.de, die er nach eigenen Worten einem Emo abgehandelt hat. Es sei für beide eine Win-win-Situation gewesen, erklärte er.
Der Tod befindet sich zur Zeit auf einer Imagekampagne durch Deutschland, da Sterben bei uns einen so schlechten Ruf besitzt. Dabei sind Radieschen von unten betrachtet eigentlich ganz harmlos.

Töchti und ich ganz erschlagen von der Hitze

Nach ca. drei Stunden verließen wir das Theater (mit Klimaanlage und sie lief sogar!) und bummelten planlos herum. Dabei trafen wir auf ein paar Bekannte, die auf der Wiese hinter der Händlermeile lagerten, ließen uns dort auch im Schatten nieder und quatschten ein bißchen. Ganz spontan beschlossen wir, uns um 17 Uhr im Staatenhaus Roter Sand anzusehen und obwohl die ja eigentlich nicht meine Mucke spielen, gefielen sie mir überraschenderweise sehr. Es passierte eben das, was immer geschieht, reißt einen die Atmosphäre und die Musik mit: irgendwann fängt man an zu tanzen und mitzuklatschen und am Ende ist man pitschnaß :D



Danach brauchten wir dringend etwas zu trinken. Die Akkustik im Staatenhaus ließ etwas zu wünschen übrig und die Lautstärke und vor allen die Bässe ließen unsere Ohren klingeln. Die Luft kochte. Also nichts wie raus da, als das Konzert vorbei war, und ab zum Trinkwasserbrunnen, wo erst einmal die beim Tanzen verlorene Flüssigkeit wieder aufgefüllt wurde. Die erschien im Nullkommanichts wieder auf der Hautoberfläche, die Klamotten klebten schweißgetränkt an mir, der gekreppte Wuschelkopf hatte schon arg gelitten, aber mein Deo hielt und ich fühlte mich einfach nur großartig!


Da das Töchti noch vorhatte, die letzten Reste seiner Amphikohle 'rauszuhauen, marschierten wir wieder zur Händlermeile. Irgendwann blieben wir bei Apoptygma Berzerk, die auf der Mainstage spielten, kleben. Fand das Kind nicht so berauschend, Muttern dafür um so mehr, als sie Major Tom spielten und die ganzen alten Goth-Säcke "Völlig losgehelöst von der Erde schwebt das Rauhaumschiff..." gröhlten und man sich wieder wie 13 fühlen konnte. Die Jüngeren blickten zwar etwas verstört um sich, aber das juckte keinen :D

Hier mal die Version von Peter Schilling:


Da Töchti ein immer längeres Gesicht machte, auch weil sie Kopfweh bekam, suchten wir uns ein ruhigeres Plätzchen, kauften uns noch etwas zu trinken (ja, diesmal hatte ich meine Rheumatabletten dabei und auch welche genommen, daß der Amphisonntag wesentlich schmerzfreier für mich ablief) und liefen noch etwas herum. Dabei trafen wir dann endlich auf zwei Bekannte, mit denen man bislang nur via Facebook Kontakt hatte, die jedoch, wie wir auch, schon beschlossen hatten, aufzubrechen. Hinzu gesellten sich noch zwei junge Gruftis aus Berlin, die sich vollkommen old school stylen. Die beiden Süßen machten alles wieder wett, was mir negativ auf dem Amphi aufgefallen war (dazu später). Sie waren superlieb und nett und sahen einfach nur toll aus! Ich hoffe, es ist in Ordnung, wenn ich das Foto, das ich von den beiden geschossen habe, hier veröffentliche. Da aber zahlreiche Bilder von den beiden in div. Amphigalerien existieren, geht es wohl klar, denke ich.


Das Treffen war wie gesagt kurz, aber dafür um so herzlicher und lustiger. Es ist eben einfach toll (auch wenn ich mich jetzt wiederhole), die Leute, die man aus dem www kennt, live zu erleben und festzustellen, daß man sich sympathisch ist. Gleichgesinnte zu treffen - und das haben wir auf dem Amphi definitiv! - ist unbezahlbar!

Fortsetzung folgt...

6 Kommentare:

  1. Schönes Bild von euch beiden! Rotersand hat uns auch gut gefallen, auch wenn wir zwischendurch Trinkpausen machen mussten...

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    1. Ja, Trinkpausen waren wirklich unumgänglich. Im Staatenhaus herrschte aber auch ein Treibhausklima!

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  2. Hach, hätt ich gewusst, dass Du da warst, hätt ich dich ja auch gern mal kennen gelernt :)

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    1. Vielleicht läuft man sich ja mal bei Rock en noir über den Weg, falls das irgendwann mal wieder stattfindet :)

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  3. Ihr seht wirklich beide toll aus. Und die Gruftis aus Berlin: hinreißend.
    ich werd mal gleich die Seie vom guten Tod genauer betrachte, habe aber schon feststellen dürfen, dass er auch in meine Stadt kommt!^^

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    1. Wir - also Töchti und ich - waren begeistert vom Tod.
      Die Videos von ihm, die im Internet kursieren, sind ganz nett, aber kommen nicht an das Erlebnis heran, wenn man ihn live auf der Bühne sieht.
      Bitterbösester schwarzer Humor - das mag ich eben :)

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